Tag 36-41: Von Maiko und Matcha

Tag 36-41: Von Maiko und Matcha

Wir haben Hiroshima hinter uns gelassen und sind weiter nach Kyoto gezogen. Wie man schon an den Zeitraum des Blogposts erkennen kann, haben wir uns für Kyoto eine geringere Intensität entschieden, wenn es um Aktivitäten und Sightseeing. Das liegt zum Einen daran, dass wir Kyoto in unseren bisherigen 2 Japan-Reise immer einen Besuch abgestattet haben und die Stadt schon ganz gut kennen (und lieben) und zum Anderen, dass wir für die Zeit hier 16 Tage vorgesehen haben. Der Plan ist es hier ein wenig ruhiger angehen zu lassen, um sich einzufühlen wie es wäre, wenn man hier leben und wohnen würde.

Schon direkt bei unserer Ankunft wurde uns wieder gezeigt, warum es sich lohnt Kyoto zu besuchen. Nachdem wir routinemäßig unsere Koffer am Hotel abgegeben haben, haben wir uns nach einem veganen Restaurant umgesehen. Rein vom Gefühl her hat Kyoto eine höhere Dichte an vegetarischen und veganen Restaurants und deshalb wurden wir auch recht schnell fündig. Als wir den kleinen und kuscheligen Laden betreten haben, wurden wir gleich vom Ladenbesitzer und seiner Angestellten freundlich begrüßt. Beide sprachen recht gut englisch und man kam ins Gespräch. Außerdem saß am anderen Ende des langen Tresens, an dem wir saßen, ein ulkiger, aber freundlicher alter Mann, der mit englischen Ein-Wort-Sätzen ebenfalls versuchte mit uns zu sprechen. Kam er mal nicht weiter, sprang der Ladenbesitzer ein und half ihm dolmetschen. Insgesamt wirkte der alte Mann und der Besitzer ziemlich vertraut miteinander - später stellte sich heraus, dass der alte Mann der Nachbar ist und fast jeden Tag auf einen Salat und einen Sake vorbeikommt, den er sich selber mitbringt und sich in der Mikrowelle aufwärmen lässt. Als wir gefragt wurden, auf welches Alter wir den Betagten schätzen würden, fing Hannes an zu sprechen: "Also 60 ist er schon mal mindestens..." und wollte seine Schätzung eigentlich noch weiter eingrenzen, aber wurde schon von tosenden Gelächter unterbrochen. Der eigentlich 82-Jährige hatte nur die Zahl verstanden und hat sich sehr geschmeichelt gezeigt - Für den Zeitraum unseres Besuchs hatten wir sowas wie Freunde gefunden. Beseelt konnten wir nachdem wir aufgegessen und die Wartezeit zum Checkin überbrückt hatten ins Hotelzimmer einziehen.

Für den nächsten Tag hatten wir uns erstmal nichts großartiges vorgenommen. Wir wollten die Gegend auskundschaften, einen Einkauf im Supermarkt erledigen und etwas kochen. Das Konzept Ferienwohnung beziehungsweise Aparthotel ist in Japan schon etwas ulkig, weil die Küchen, die wir bisher abbekommen hatten, sehr spartanisch ausgestattet sind. Es gibt auch in dieser Küche nur eine doppelte Ausführung von Besteck, Tassen und Gläser, einen Topf, zwei Pfannen und 4 viereckige kleine Teller (Größe deutscher Untertassen). Somit war das Kochen schon eine Challenge.

An Tag 38 sind wir nach dem Frühstück zum Nishiki-Markt aufgebrochen. Dieser ist eine gut besuchte Straße voller Streetfood und Köstlichkeiten aus der Region, wie zum Beispiel Meeresfrüchte, Sushi, Gebratenes und Gebackenes. Da das Frühstück nicht klein ausgefallen ist hatten wir allerdings nicht viel Hunger, aber eine salzig eingelegte Gurke am Spieß und ein Erdbeer-Daifuku-Mochi zum Nachtisch durfte es dann doch sein. Wie man schon aus dem Namen schließen kann, handelt es sich hier um eine Erdbeere, die in einem mit roter Bohnenpaste gefüllter Reiskuchen steckt - sehr lecker und nicht zu süß.

Danach ging es nicht auf direkten Weg zu unserem nächsten Ziel, sondern wir schlenderten etwas durch die Stadt dorthin. Dabei haben wir spontan den Eifuku-ji-Tempel mitten in der Fußgängerzone entdeckt, der augenscheinlich einem Oktopus geweiht ist. Mit einem Oktopus-verzierten Ema in der Tasche ging es dann zum eigentlichen Ziel, der älteste Zen-Tempel in ganz Japan namens Kennin-ji. Beim Betreten des Tempels mussten wir unsere Schuhe ausziehen und starteten dann unseren Rundgang. Es ist jedes mal eine tolles Gefühl Barfuß über weiches Holz und Tatamimatten zu gehen, wenn man eine Erholung für die vom Sighseeing lahmen Füße braucht. Als erstes führte der Weg vorbei an einem restaurierten Gemälde aus der Edo-Zeit, welches den Wind- und den Donnergott zeigt. Vorbei an den bemalten Schiebetüren und Tatami-Räumen des Nebengebäudes, erreichten wir einen idyllischen Zen-Garten, an dem wir kurz auf einer Bank ausharrten. Weiter ging es dann über eine Terrasse nebst japanischen Garten in Richtung des Hauptgebäudes, der mit einem überwältigen Baldachin und Deckengemälde überzeugt. Das Gemälde zeigt den Zwillings-Drachen, welcher zum 800-jährigen Jubiläum des Tempels im Jahre 2002 installiert worden ist.

Nach dem eindrücklichen Besuch, nahmen wir den indirekten Weg zurück zum Hotel und liefen durch Gion, der Altstadt-Distrikt, der berühmt für seine Teehauskultur ist. Wenn man Glück hat, erblickt man hier manchmal eine Geiko.

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Der korrekte Begriff für die Künstlerinnen ist Geiko bzw. Meiko, sollte sich die Frau noch in "Ausbildung" befinden. Geisha ist ein westliches Wort und wird häufig mit dem fehlgeleiteten Gedanken an Prostitution verbunden, wird daher nicht mehr gern gehört und sollte auch nicht mehr verwendet werden.

Am nördlichen Ende Gions befindet sich der Yasaka Schrein, welcher außerdem der Beginn eines sehr schönen Parks ist. Durch Beides schlenderten wir dann um zu unserem Hotel zurück zu kommen. Der Yasaka Schrein besticht durch sein rotes Eigangstor und durch die vielen kleinen Altare auf dem Gelände. Außerdem befindet sich in Mitten des Gelädes eine Pagode verziert mit Laternen, die nachts wunderschön leuchten. Der dahinter liegende Park wird im Frühling bestimmt randvoll mit Menschen sein. Warum? Weil er voll mit Kirschbäumen ist und wenn diese blühen, sind sich Touristen und Einheimische einig: Das wird zelebriert.

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Im Frühling, wenn die Kirschblüten blühen, wird in Japan ein Event rund um das Bestaunen der wunderschönen rosa und weißen Blütenpracht ausgerufen: O-Hanami. Rund um Orte mit vielen Kirschbäumen (Sakura) findet man festliche Stände und es wird zum Fest der Blüte gepicknickt.

An Tag 39 starteten wir mal wieder mit Sport in den Tag. Danach frischgemacht war unser Ziel uns mit Sushi in der Stadt zu belohnen. Dafür ging es in einen super leckeren traditionellen Laden, der aber auch mit Fließband arbeitet. Diesen haben wir schon zu unserer ersten Reise nach Kyoto entdeckt und seither kommen wir gerne wieder. Der Höhepunkt des Tages sollte der Kitano Tenman-gū Schrein werden. Denn zum Blühen der Pflaumenbäume (ja auch die sieht sehr schön aus und wird etwas zelebriert) gibt es hier ein extra Fest und einen toll beleutchteten Garten. So die Theorie. Nach einer Stunde Busfahrt standen wir allerdings vor verschlossenen Türen, denn dieser hatte bereits zu. Es stellte sich heraus: Julie hat nicht das Kleingedruckte auf dem Werbeblättchen gelesen, das uns her führte. Unter der Woche findet das abendliche Beleuchten nicht statt und der Schrein macht 16 Uhr zu. Immerhin war das ganze ein guter Trip fürs Pokemon Go spielen und wir haben beschlossen wieder zu kommen.

Der nächste Tag leutet die Halbzeit unserer Reise ein und wir haben uns besonderes Programm vorgenommen: Ein Besuch im Gion Kagai Art Museum. Hier dreht sich alles um rund Maiko und Geiko. Man lernt alles rund um die künstlerische Lebensweise der Frauen und das größte Highlight: Man sieht am Ende eine Kyomai Tanzperformance von echten Maiko oder Geiko. Das sieht man sonst nur als Einheimische zu besonderen Festen in Tempeln oder als geschätzer Kunde/ Kundin in einem der Teehäuser. Die Performance war sehr beeindruckend. Das Teehaus der beiden Maiko die wir sehen durften, ist spezialisiert auf Tänze des Kabuki-Theaters. Eigentlich wird Kabuki nur von Männern perfomt, aber dieses Teehaus und ihre Maiko/ Geiko brechen etwas mit der alten Tradition und bieten die Tänze des Kabuki losgelöst vom Theaterstück dar. Wir sahen einen Fächertanz und einen Schaltanz. Charakterisiert waren die Tänze durch einen strengen Gesichtsausdruck, viel Spannnung und langsamen/ kraftvollen Bewegungen. Nach Ende der Aufführung erhielten wir noch ein wunderbares Lächeln der Beiden, als wir uns am Ende nochmal undrehten und verbeugten und auf japanisch herzlich Danke sagten. Ein absolutes Highlight unserer Reise.

Anschließend hatten wir Hunger und es gab Abura Soba. Das ist so eine Art Ramen mit einer ölbasierten "Soße". Anders als Ramen sonst hat dieser keine Brühe. Julie entschied sich fatalerweise für die scharfe Variante, weil man für gewöhlich das Wort "spicy" auf den Menükarten ihrer Meinung nach nicht ernst nehmen kann. Normalerweise isst sie gerne scharf und kommt selten an ihre Grenzen, aber die Portion hat sie fast in die Knie gezwungen. Der Teller wurde gerade so leer und Julie durfte den Rest des Tages unter dem scharfen Essen leiden.

An Tag 41 haben wir einen lang ersehnten Vorgeschmack auf den Frühling bekommen mit bis zu 19 Grad und Sonnenschein. Also ging es nach Uji, den Nachbarort von Kyoto, der für seine Produktion von grünen Tee bekannt ist. Außerdem steht dort der Byōdō-in Tempel, der auch auf der 10-Yen-Münze abgebildet ist. Angekommen, besuchten wir einen der renommierten Teeläden und füllten unseren Matcha-Vorrat auf. Wir folgten der gut besuchten Hauptstraße, liefen an diversen Läden vorbei, die entweder Tee oder Süßspeisen mit Matcha verkauften und kamen schließlich beim Byōdō-in an. Der Tempel ist vergleichsweise klein aber nicht weniger schön anzusehen wie die Anderen, die wir bisher auf unserer Reise bestaunen durften. Die Haupthalle, wegen ihrer seitlichen Flügelkorridore und Phönixstatuen auf den Dächern auch Phönixhalle genannt, beinhaltet eine große Buddha-Statue, die aus Holz gefertigt wurde. Außerdem durfte man hier auch wieder Barfuß ins Innere der Buddha-Halle. Den Rest des Tages haben wir uns noch durch die Souvenir-Straße gefuttert und brachen danach wieder nach Kyoto auf.

Hier versuchten wir erneut unser Glück im zuvor besuchten Kitano Tenman-gū, denn nun war ja Wochenende. Eine tolle Schreinanlage, mit festlicher Beleuchtung. Den Pflaumengarten bestaunten wir trotzdem nur von außen, da dieser extra kostete und wir schon sehen konnten, dass nur wenige Blüten geöffnet waren. Also werden wir es wohl nochmal versuchen müssen? Alle guten Dinge sind ja schließlich drei.