Tag 42-51: Im Kimono durch Kyoto

Tag 42-51: Im Kimono durch Kyoto

Im Großen und Ganzen hatten wir bisher sehr viel Glück mit dem Wetter, es war also eine Frage der Zeit, dass uns das Glück auch mal verlässt und uns schlechtes Wetter ereilt. In diesem Blogeintrag werdet ihr merken, dass das wechselhafte und teils regnerische Wetter uns in unseren Möglichkeiten eingeschränkt hat und wir deswegen viele Tage zusammenfassen, da wir nicht immer so viel erlebt haben. Außerdem kennen wir Kyoto auch schon ganz gut, daher findet ihr keine Berichte über Sehenswürdigkeiten, wie z.B. Fushimi Inari-Taisha oder Kiyomizu-dera.

Schon der erste Tag war wettertechnisch durchwachsen, sodass wir jede Regenpause ausgenutzt haben, um das Haus zu verlassen. Zum „Frühstück“ haben wir das nahegelegene Ramen-Restaurant ausprobiert, welches verschiedene Sorten Shoyu- und Miso-Ramen im Angebot hat. Leider ging es Julie an dem Tag nicht so gut, sodass wir uns danach erstmal wieder zurück ins Hotel machten. In der nächsten Regenpause hat sich Hannes dazu aufgerafft, noch eine Runde Laufen zu gehen. Da das Wetter auch die nächste Zeit nicht besser zu werden schien, musste die Chance genutzt werden. Außerdem sollte der Lauf in die Stadt auch ein kleiner Beutezug werden, um auf dem Rückweg ein neues Nindendo-Switch-Spiel für die Regentage mitzubringen. Leider war die Suche erfolglos, das Objekt der Begierde "Hello Kitty Island Adventures" war leider nirgends in den Regalen der Elektronikläden zu finden. Eine Online-Recherche ergab, dass das physische Spiel für die Switch in Japan noch nicht veröffentlicht worden ist. Glücklicherweise gibt's das auch online und so waren die kommenden Stubenhockertage auch gerettet.

An Tag 43 ging es Julie schon viel besser. Ziel es Tages war es für die nächsten Tage einzukaufen zu gehen und so klapperten wir mehrere Supermärkte ab. Wir sind auch auf einen Markt gestoßen, der internationale Lebensmittel verkauft. Die nächsten Tage sollte es also Sommerrollen, Kartoffelsalat, Tuna-Melt-Tacos, Nudeln mit Sojabolognese und diverse Salate geben, wenn wir mal selber kochten. Wraps, Reispapier und Essiggurken konnten uns so also eine kleine kulinarische Abwechslung bescheren.

Der darauf folgende Tag startete damit, dass wir unseren Blogger-Verpflichtungen nachkamen und euch, werte Leserschaft, mit dem ersten Kyoto-Blog versorgten. Dafür ging es ganz weltenbummlerisch hipster-mäßig in einen Starbucks. Ästhetisch und super busy wirkend schlürften wir einen Sakura-Matcha, denn nun wurde der Frühling in Kyoto langsam mit sakura-themed Lebensmitteln eingeläutet. Immer wenn eine neue Jahreszeit oder Festlichkeit ansteht wird das in Japan auch mit besonderen Köstlichkeiten gefeiert. Nach unserer Lifestyle-Einheit schlenderten wir noch ein bisschen durch einen Teil der Innenstadt und kamen an einem Kino vorbei. Wir versuchten zu verstehen, ob es dort auch Filme in Originalsprache (Englisch) gibt, das schien für die nächsten Tage nicht der Fall zu sein. Hannes nahm seinen Mut zusammen und startete während Julie auf Toilette war seine erste Solo-Mission in Sachen Kommunikation mit Locals und fragte das Personal, wie unsere Chancen standen in den nächsten Tagen einen Film auf Englisch zu sehen. Leider gab es derzeit keine Filme, aber in den nächsten Tagen sollte Wicked kommen, ob auf Englisch wusste man noch nicht. Wir kamen daher auch nicht mehr wieder, aber merkten uns die Aktivität „Kinogang“ mal vor.

Tag 45 war… Tadaaa auch ein Regentag, daher starteten wir mit einer Indoor-Sporteinheit. Zu YouTube-Videos strampelnd, kämpften wir damit uns nicht gegenseitig wehzutun, denn auch wenn unser Aparthotel hier verglichen mit den anderen Unterkünften recht groß war, bleibt so eine Aktivität zu zweit eine Challenge. Nach einiger Zeit und mit viel Hunger ging es anschließend zu einem japanischen „Family Restaurant“ names Saizeriya. Hier kann man eigenartiges, aber leckeres nicht-italienisches italienisches Essen genießen. Was das heißen soll? Naja, diese Kette bietet „italienische Speisen“ für den japanischen Gaumen an. So findet man neben einer Maispizza die eher süß schmeckt auch Doria. Ein Gericht, das als westlich angepriesen wird, aber unserer Meinung nach urjapanisch ist: Es ist quasi Lasagne mit Reis statt Nudeln und ohne Schichten. Quasi Reis mit Tomatensauce und Käse überbacken.

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Mit "Family Restaurants" meint man in Japan spezielle Restaurant-Ketten, die (wie man vielleicht vermuten würde) sehr familienfreundlich sind. Es gibt Tische, an denen man auch mit mehreren Personen sitzen kann, eine Tablet zum bestellen von Essen, ein Menü, was von Fleischgerichten über Salate bis hin zu Kinderessen wie Pommes und Hähnchen reicht und eine Getränkebar, an der man für eine kleine Pauschale sein Glas immer wieder nachfüllen kann. Auch ist es nicht verpönt hier länger zu Sitzen, deshalb ist es auch für sich treffende Freundesgruppen oder bei Leuten, die am Laptop noch etwas produktiv sein wollen beliebt.

Nach dem Essen kamen wir noch auf dem Umweg an einem Second-Hand-Laden names "Book Off" vorbei, wo Hannes eine Figur des Charakters „Power“ aus dem Anime „Chainsaw Man“ ergatterte.

Mit einem weiteren, aber anderen Second-Hand-Laden namens "Furuhon Ichiba" ging es an Tag 48 weiter (Tag 47 lassen wir ganz frech unter den Tisch fallen, weil wir nichts berichtenswertes unternommen haben). Dieser liegt im einem Wohngebiet und schaffte es auf unseren Tagesplan, weil er auf der Strecke zu unserem Tagesziel Arashiyama lag. Wir haben ohnehin einen Anschlussbus auf unserem Weg verpasst und der nächste sollte in 40 Minuten kommen. Wir haben uns von dieser "Side-Quest" erhofft in dem entlegeneren Laden gute Schnäppchen zu machen. Auf dem Weg zu dem Laden kamen wir vorbei an einem „Itasha“, einem mit Anime überzogenen Kei Car. Das fanden wir ziemlich lustig, denn solche "aufgemotzten" Autos sind in der Regel eher getunte Sportwagen.

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Itasha sind Fahrzeuge, die mit Charakteren aus Anime, Manga oder Videospielen foliert und dadurch sehr auffällig sind. Das Wort setzt sich aus dem japanischen "itai" - schmerzhaft und "sha" - Fahrzeug zusammen, also ein Fahrzeug, was beim Anblick schmerzt, weil es so peinlich ist.

Auf dem Weg zurück von unserer Jagd nach Schnäppchen, sind wir an einem Dominos vorbei gekommen, wo wir uns noch fix Mittagessen genehmigten. Die Wahl fiel auf diesen westlichen Gaumenschmauß, weil es das einzige Restaurant von dort Richtung Bahnhof war und wir noch kein Frühstück gegessen hatten.
Weiter ging danach unser Ausflug nach Arashiyama. Dort besuchten wir den Otagi Nenbutsuji Tempel, berühmt für seine moosbedeckten Mönchsfiguren. Ehrlich gesagt fanden wir diesen im Vergleich zu dem Mönchs-Tempel in Fukuoka etwas klein und overhyped. Nach einem kurzen Spaziergang führte uns unser Plan schon in den nächsten Tempel, den Adashino Nenbutsu Tempel. Dieser war sehr schön anzusehen und bestach neben einer schönen mit Moos bedeckten Anlage mit einem sehr ruhigen Bambuswald. Dies heben wir hier hervor, weil es ein kleiner Insidertipp für Kyoto ist. Arashiyama ist bekannt für seinen großen Bambuswald, dieser ist aber mittlerweile immer sehr überfüllt. Hier also einen fast leeren kleinen Bambuswald zu haben ist besonders und ziemlich schön.

Der nächste Tag war Julies Geburtstag, für den Hannes ein Programm geplant hatte. Noch nachts um 12 wurde kurz gratuliert und mit einer mini Schokotorte aus dem Conbini gefeiert. Nach einer Portion Schlaf und dem Frühstück ging es los mit dem Programm. Wir fuhren zur Ninenzaka zu einem Kimonoverleih. Nachdem wir in mehre Schichten edles Gewand gewickelt worden waren (wenn wir uns richtig erinnern waren es 4-5 Schichten), machten wir erste Gehversuche in den recht eng geschnürten Kleidungsstücken und den Zehentrennersandalen. Eine Stunde später sollte auch die geplante Teezeremonie beginnen, an der wir traditionell hergerichtet teilnahmen. Wir lernten, worauf es bei einer solchen Zeremonie ankommt und bekamen eine Vorführung der Zubereitung von Matcha, die für einen Tee ca. 10 Minuten dauert. Zum Schluss durften auch wir uns unseren eigenen Tee zubereiten, wobei wir nützliches Wissen für Zuhause mitnahmen. Als die Gefühle in Hannes Beinen nach der einstündigen Schneidersitz-Session auf dem Boden zurückkamen, machten wir uns auf dem Weg zum Kodaji-Tempel, um von uns ein paar schöne Bilder zu knipsen - Wann ist man schließlich so gut gekleidet 😉. Als wir unsere Runden gedreht haben fing es auch langsam wieder an zu nieseln und wir verwandelten uns von feudalen Edelleuten wieder zurück in neuzeitliche Normalos, als wir die Kimonos zurückgaben und in unsere Straßenklamotten schlüpften. Zur Feier des Tages stand noch ein Besuch in einem Yakiniku-Restaurant an, bei dem wir mit Gegrilltem den Abend ausklingen lassen haben. Unser Weg dorthin wurde allerdings kurzzeitig unterbrochen von einer Demonstration gegen Kernenergie und Atombomben. Eine lange Schlange an Menschen zog durch die Straßen, begleitet von Polizisten mit Leuchtstäben, die den Verkehr und die Menschen lenkten. Mit Trommeln und Megafonen zogen die Menschen an uns vorbei, während wir mit vielen Lächeln und Peace-Handzeichen austauschten.

Am darauffolgenden Tag wollten wir es eigentlich etwas ruhiger angehen lassen und starteten mal wieder mit Fitness in den Tag. Hannes konnte seine ersten 5 km am Stück durchziehen und somit war es spätestens dann schon vorbei mit ruhig machen 😅. Frisch geduscht machten wir uns dann aber los zu unserem ersten Tagesordnungspunkt: Der nahegelegene Heian-Schrein. Hier war es nicht so ruhig wie wir erwarteten, denn es fand ein kleiner Flohmarkt auf dem Weg dorthin statt. Auch den haben wir uns natürlich angeschaut. Wir drehten eine Runde im Schrein und dann ging es für uns in die Stadt zum Bahnhof, denn für unsere Weiterfahrt nach Nagoya an Tag 52 brauchten wir noch Zugtickets. Diese besorgt, war noch einiges an Tag übrig und wir entschieden uns noch nicht in Richtung Apartment zu fahren, sondern einen entlegeneren Hobby-Off im Kyotoer Umland aufzusuchen. Die Pilgerfahrt war erfolgreich und Hannes kann nun ein Glurak-Plüsch sein Eigen nennen. Nun musste noch die Stunde Rückfahrt überstanden werden. Naja, was sollen wir sagen, wir waren wieder erst abends um 9 zu Hause und wieder mal komplett platt.

Tag 50 begrüßte uns mit wunderschönen sonnigen Wetter und nun meinten wir es endlich mal ernst mit der Ruhe, denn wir haben nichts gemacht außer Doria essen zu gehen, am Kamo-Fluss in der Sonne zu sitzen und die Reiher, Enten und andere Vögel zu bestaunen. Star des Flusses war eindeutig ein putziges Nutria, welches sich am Ufer putze und sonnte. Beglückt von der Vielfalt der Tiere wurden wir nicht einfach zufällig, denn sie alle waren auf der Suche nach etwas zu knabbern und ein junger Mann am Wasserufer sorgte für reichlich Brotsnacks. Wir taufen ihn Disney Prinzessin, da er umgeben von Tieren war.

Unser letzter Tag in Kyoto war Tag 51, diesen nutzen wir, um letzte Dinge aus dem Kühlschrank zu verbrauchen und all unsere Sachen neu zu sortieren und die Koffer zu packen. Wir hatten uns sehr ausgebreitet und der ein oder andere Gegenstand ist noch zusätzlich zum Gepackten dazu gekommen.

Tags drauf ging es auch schon wieder nach Nagoya und wie immer haben wir unsere Zeit in Kyoto genossen. Online wird momentan ja doch sehr viel über das Thema Übertourismus in Japan gesprochen und Kyoto wird hier immer wieder als ungenießbares Beispiel genommen. Wir konnten das zu unserer Reisezeit nicht bestätigen und fanden unseren Aufenthalt wie immer wunderschön. Ja an einigen sehr populären Orten war es doch recht voll, doch einige Ecken Kyotos waren auch komplett ruhig. Wir denken, wer nicht die Hauptsaison für seinen Besuch aussucht und auch etwas abseits der Hauptattraktionen unterwegs ist, hat hier eine schöne Zeit und hält auch die vollen Busse 2 Stationen lang aus.