Tag 52-57: Pimmel, Parks und Prachtbauten

Tag 52-57: Pimmel, Parks und Prachtbauten

Mit Tag 52 unserer Reise startete unsere Zeit in Nagoya und wie immer brachte uns der Shinkansen an unser Ziel. Nach unsere Ankunft gab es mal wieder etwas Zeit bis zum Checkin zu überbrücken, also gaben wir unsere Koffer ab und erkundeten den gegenüber von unserem Hotel liegenden Hisaya Ōdōri Park. Wir waren auf der Suche nach koffeinhaltigen fetzigen Getränken und einem Ort zum Bloggen. An dieser Stelle auch nochmal ein Sorry, denn wir hinken ziemlich hinterher mit unseren Blogs. Aber wir erleben nunmal zu viel 😋. Das FabCafé wurde für die nächsten 1,5 Stunden auserkoren. Diese Café hat ein ziemlich cooles Konzept, denn neben Getränken und Kuchen gibts hier auch einen Open Workspace, den Künstler und Handwerker mieten können, der mit 3D Druckern und Ladercuttern ausgestattet war. Ausgestellt wurden auch ein paar Ergebnisse der Arbeit vorheriger Besucher. Nach getaner Arbeit konnten wir dann auch schon einchecken und genossen noch das Sentō im Hotel zum runter kommen. Neben dem Sentō hatte das Hotel auch von 17:00-20:00 Uhr eine Happy Hour, zu der man sich jeweils einen Drink an der frei verfügbaren Bar mixen konnte. Am ersten Abend konnten wir schon beobachten, wie diese Regelung recht frei interpretiert wurde und sich die Gäste unbeobachteter Weise auch Drinks für all ihre Familienmitglieder, die leider nicht dabei sein konnten mixten 😃. Für Recht und Ordnung sorgte jedoch ein rechtschaffender Gast, den wir in den folgenden Tagen den "Hausmeister" tauften. Warum? Naja, immer wenn wir ihn in der Lobby sahen, benahm er sich als sei er der Einzige der wüsste, wie die Getränkeregelung, der Fahrstuhl und die Kaffeemaschine funktionieren und beäugte immer sehr kritisch das Handeln aller Anderen. Wenn ihm etwas nicht richtig vorkam oder er Leute nicht gleich verstanden was zu tun war, drängte er seine Hilfe auf. Außerdem hatte er immer den Drang sich sofort leise aber mit Gestik zu echauffieren, wenn etwas nicht korrekt ablief. Er selbst schien aber seine Arbeit auch in Drinks aufzuwiegen...

Den nächsten Tag fieberten wir schon eine ganze Weile mit Vorfreude entgegen, denn an Tag 53 sollte es zum Ghibli Park gehen. Das Studio Ghibli ist vermutlich selbst denjenigen ein Begriff, die mit Anime nichts am Hut haben, denn "Chihiros Reise ins Zauberland", "Das wandelnde Schloss" oder "Prinzessin Mononoke" sind Filme, die auch im deutschen Fernsehen rauf und runter gespielt werden. Diese und weitere Werke sind Inspirationsgrundlage für diesen Themenpark, der sich etwas außerhalb von Nagoya befindet. Um Eintrittskarten für den Park erhalten zu können, muss man in Deutschland früh aufstehen. Tickets müssen 3 Monate im voraus online gekauft werden und sind auch binnen weniger Stunden ausverkauft. Julies Papa durfte damals Zeuge davon werden, wie Hannes am frühen Morgen verzweifelt mehrere Stunden fluchend vor dem Laptop zubrachte, um die Karten zu besorgen - was sich aufgrund von Verbindungsproblemen als nicht leicht herausstellte.

Nun zum Park: Schon beim Betreten des Parks waren wir erstmal verblüfft, dass unsere Tickets gar nicht kontrolliert wurden. Es stelle sich heraus, dass der Park an sich ein sehr weitläufiger aber öffentlich zugänglicher Park ist, der hier und da spezielle Bereiche hatte, deren Zutritt nur für Ticketinhaber gestattet ist - Von Diesen gab es insgesamt 5. Wir wussten im vorhinein, dass wir uns das Premiumticket holen mussten, damit wir eine gute Zeit dort haben können. Als wir vor Ort waren haben wir auch erlebt warum. Ohne Premium kann man die besten Gebäude nicht betreten und es blieben ausschließlich die Attraktionen zu sehen, die nach dem folgenden Schema ablaufen: Betrachtung irgendeiner Filmrequisite, Nachbau eines Raumes oder Kulisse, dicht gefolgt von Zwangsbesuch vom Souvenirladen (hier hatte man wirklich das Gefühl der Park bekam finanziell gesehen den Hals nicht voll) - Auf der einen Seite rein, auf der anderen wieder heraus. Die anderen Bereiche folgen dem Schema auch, jedoch gabs dann doch hier und da ein paar eindrückliche Dinge zu sehen. Aber um es Zusammenzufassen, hätten wir das Normaloticket gekauft, wären wir am Boden zerstört gewesen. So waren wir immerhin nur enttäuscht. Was uns auch stutzig gemacht hat, beziehungsweise genervt hat, der Park an sich war stellenweise dystopisch menschenleer, aber innerhalb der Attraktionen gab es Gedrängel und Geschiebe. Teilweise konnte man sich nicht in Ruhe die Ausstellungen ansehen. Und das obwohl wie wir fanden unnötig viel Personal im Park für Ordnung sorgte.

Kleine Anekdote um zu veranschaulichen, was wir mit unnötig viel Personal meinen: Als wir in den Park kamen schauten wir uns nach einem Lageplan um und blieben vor einem Parkschild stehen. Davor standen 3 Angestellte, wir dachten vielleicht kontrollieren sie uns nach Tickets oder händigen Lagepläne aus, aber sie waren da den Besuchern beim Schild lesen behilflich zu sein. Wir checkten also, wo ein Teil des Parkes war zu dem wir zu einer bestimmten Uhrzeit kommen sollten und schauten auf die Uhr um sicher zu gehen. Die Angestellte fragte mich dann, wann wir in diesen Teil des Parkes gehen und nicht wissend warum sie das wissen wollte sagte Julie, wann es für uns los geht. Sie sagte mir dann - Nachdem Julie beriets selbst auf die Uhr geschaut hat - dass dies in 1,5 Stunden sei.

Naja zurück zu dem Parkbesuch: Wir fanden von den 5 Teilbereichen des Parkes waren 2 wirklich sehr sehenswert, da hier orginalgetreue Szenerien aufgebaut waren und es auch einige kleine Nick Nacks zu sehen gab. Sie hebten sich von reinen Fotoshooting Backgrounds ab. 2 waren unserer Meinung nach schon fast so wenig sehenswert, dass wir sie als Rip-Off empfanden, denn nach nichtmal 10 Minuten war man durchgelaufen und dann waren einige Aktivitäten innerhalb dieser beiden auch noch zum Aufpreis angeboten. Insgesamt fanden wir den Preis, der vergleichbar mit Parks wie Disneyland und Universal Studios ist, für das was geboten war leider zu hoch. Einen Parkteil konnten wir leider nicht mehr sehen, da dieser fußläufig so abgeschlagen war, dass wir es vor Parkschließung nicht hinschafften (Der Park hat nur von 10 - 16:30 geöffnet). Es gab zwar einen süßen Themenparkbus, der fuhr aber nur jede Stunde einmal und war viiiel zu klein für alle Personen die mit wollten. So fuhr er uns überfüllt vor der Nase weg und wir brachen sauer unseren Besuch ab.

An dieser Stelle noch eine kleine generelle Beobachtung, die in diesem Park sehr penetrant war, uns aber auch so im Urlaub verfolgte: Ausufernde Fotoshootings scheinen ein integraler Part eines Erlebnisses in Japan zu sein. Dabei nehmen sich Japaner und Touristen nichts. Wir machen natürlich auch viele Fotos hier im Urlaub, man will ja schöne Bilder, aber euch ist das Ausmaß einiger dieser "Shootings" nicht bewusst. Es werden extra Klamotten die nicht zum Wetter aber zur Szenerie passen getragen, die Personen die zusammen etwas unternehmen sprechen oft kaum miteinander und "out of nowhere" entsteht eine gespielte bildwürdige Situation die überhaupt nicht natürlich ist. On top geht die schiere Länge dieser Shootings und die unzähligen Posings weit über erinnerungsträchtige Bilder für die man sich auch mal in Szene setzt hinaus. Dabei wird auch noch kaum Rücksicht auf die Umwelt genommen, das Shooting dauert halt so lang wie es dauert, egal ob andere warten. Das zieht natürlich vor jeder Attraktion die Schlangen ziemlich in die Länge.

Weniger überlaufen war das Ziel des nächsten Tages, nämlich das Schloss von Nagoya. Wir hatten an diesem Morgen noch nichts gegessen, also hielten wir die Augen offen nach einem Frühstückslokal während wir auf dem Weg waren. Wir wurden bei einem von außen unscheinbaren aber von innen überraschend hippen Café fündig. Zwischen Röstmaschine und Deko aus alten Kaffeebohnensäcken saßen wir da an unserem wackeligen Holztisch und verputzten Sandwiches und Caramel-Macchiatos. Gestärkt setzten wir die Reise fort und kamen sowohl an dem Nagoya-Schriftzug aus dem Titelbild, als auch an einer Reihe von Restaurants vorbei, die ortstypische Speisen anboten. Da wir gerade erst gegessen hatten, merkten wir uns den Platz für später vor und gingen erstmal weiter. Gerade als wir die Eintrittkarten für das Schloss gekauft und durch den Eingang gelaufen sind, wurden wir von einem älteren Mann abgefangen und mit doch recht guten Englisch gefragt, ob wir Interesse an einer Führung hätten. Es stellte sich heraus, dass er Mitglied eines Freiwilligenvereins ist, die kostenlose Touren und Führungen in Nagoya anbietet. Da zu diesem Zeitpunkt nicht noch mehr Englischsprachige neben uns versammelt hatten, hatten wir das große Glück eine Privattour zu bekommen! Die Tour ging ca. 1,5 Stunden und war eine sehr schöne Erfahrung, weil man einfach noch mehr Input bekommt als würde man nur Informationstafeln lesen. Der Guide hatte ein Tablet dabei, auf dem er uns immer wieder Konstruktionszeichnungen, Bilder von Restaurationsarbeiten usw. zeigte, was die Führung bereicherte. Allerdings hatte der betagte Mann hin und wieder Probleme mit der Bedienung des Tablets, was dann immer zu kurzen Unterbrechungen geführt hatte. Das hat uns aber überhaupt nicht gestört, wir fanden es einfach nur drollig. Oft stellte er uns auch Fragen zu Kultur und Geschichte Japans, auf die Julie oft eine Antwort wusste, was der Mann beindruckend fand. Es schien auch so, als hätten sich die Zwei für den Moment der Führung gefunden und Hannes durfte auch mit dabei sein 😄. So prompt wie er uns anfänglich angesprochen hatte, so schnell hatte er uns auch am Ende der Führung wieder verlassen. Er schient schon etwas über sein Arbeitszeitlimit zu sein, oder seine Frau hatte ihn bereits zu Hause erwartet - wir wissen es nicht ganz. Wir bedankten uns herzlich und bestaunten den Pflaumengarten, der zur der Zeit in voller Blüte stand. Wir entdeckten außerdem noch ein Teehaus, in dem wir mit einem Matcha unseren Besuch abrundeten. Danach setzten uns noch etwas in die Sonne, um Pläne für den Rest des Tages zu schmieden. Dabei wurden wir aus heiterem Himmel von einem weiteren älteren Mann angesprochen. Man merkte ihm schon an, dass er erst zögerte aber dann doch das Gespräch mit uns suchte, um sein Englisch unter Beweis zu stellen - eine unverhoffte aber liebenswürdige Begegnung. Generell hatten wir den Eindruck, dass die Menschen in Nagoya einen sehr entspannten und für Touristen sehr offenen Lifestyle pflegen, was wir sehr schätzen. Ebenso freundlich wurden wir auch vom Personal empfangen, als wir in eines der für später vorgemerkten Restaurants einkehrten um dort Miso-Katsu zu essen. Auf dem Rückweg kamen wir, nachdem wir noch einige Erledigungen in einer Drogerie machten, am Nagoya Tower vorbei. Dort machten wir große Augen, als wir endlich den ersten vollständig erblühten Kirschbaum sahen und einen selbstverständlich obligatorischen Foto-Stop einlegten.

Auch der nächste Tag sollte akitivitätsreich werden, denn es wartete das Hōnen-Matsuri auf uns. Dieses ist ein Shinto Fest für Fruchtbarkeit und ein reiches Erntejahr, welches immer am Sonntag vor oder am 15. März im Tagata Schrein nördlich von Naoya gefeiert wird. Nur ist das Fest nicht ganz mit Erntedank zu vergleichen und hat den deutschen Pendant einiges an Skurilität vorraus. Wir waren auch durch unsere Reisevorbereitungen darauf gestoßen und entschieden uns genau wegen diesem einzigartigen Fest Nagoya mit in unsere Reise zu intergrieren. Um jetzt mal die Spannung raus zu nehmen: Das Fest ist optisch sehr eindrucklich, weil es den Phallus extrem in den Mittelpunkt stellt. Bei der Festlichkeit steht vor allem eine Prozession, bei dem ein 2,5m langer hölzerner Prengel von einem nahem Schrein in einem Festzug zum Tagata Schrein getragen wird, im Vordergrund. Ist das hölzerne Gemächt beim Schrein angekommen wird mit gratis Sake gefeiert und es wird quasi Kamelle in Form von Mochi vom Zug geworfen, um auf Ejakulat anzuspielen. Dabei werden natürlich jede Menge weitere gliedförmige Extras für die Feierlichkeiten am Festplatz für die Belustigung und Verköstigung geboten. Angekommen nach unserer Anreise startete die Festlichkeit mt einer Reihe von Fressbuden die aneinanderreiht zum Schrein führten. Diese boten natürlich thematisch passende gurkenförmige Köstlichkeiten. Am Eingang zu diesem begrüßte uns ein Mann verkleidet als Penis, warum auch nicht 😄. Nachdem auch wir uns verköstigt hatten, statteten wir dem "Prachtstück" im örtlichen Schrein, der natürlich auch ein Examplar eines Dödels bereithielt einen Besuch ab. Anschließend besorgten wir uns noch ein Ema am Schrein und sahen, wie sich die in weiß festlich gekleideten Männer der Umgebung aufmachten um den Star des Festes, die Penissänfte für die Prozession im anderen Schrein abzuholen. Leider hat es kurz danach extrem stark angefangen zu regnen und da wir den Ablauf des Festes vorher nicht so gut recherchieren konnten waren wir etwas arg früh dran für das Highlight der Ankunft des Umzuges, denn dieser sollte erst in 2 Stunden sein. Bei Starkregen und extrem abgekühlten Temperaturen, wollten wir uns trotz all dem Spaß nicht noch weitere 2 Stunden auf dem Schreingelände aufhalten und beschlossen den Rückzug anzutreten, auch wenn uns so etwas entging. Aber wir hatten wahrscheinlich schon genug auberinenförmiges gesehen. Zuhause wurde sich erstmal im Sento wieder aufgewärmt.

Leider war unsere letzter Tag in Nagoya auch ein Regentag mit Starkregen, aber glücklicherweise hatten wir die wichtigstens Punkte unserer vorgemerkten Ereignisse schon abgeklappert. Somit haben wir nix mehr unternommen und den Tag genutzt um eine neue Packmethodik für unsere Klamotten einzuführen - bis jetzt passt immer noch alles in unsere 4 Koffer, yay!

Tag 57 folgte dann die Shinkansenfahrt nach Tokyo und die Ankunft im AirBnb dort. Hier gibt es für die folgenden Tage mal etwas mehr Platz und wieder die Möglichkeit auch selbst mal die Verköstigung in die Hand zu nehmen. Vermutlich folgen ab jetzt weniger Blogbeiträge, den wir sind dem Bloggen etwas überdrüssig geworden, denn es nimmt doch jetzt viel Zeit in Anspruch und neben unseren vollen Tagen findet sich nicht immer Zeit. Außerdem schleicht sich immer wieder auch etwas Heimweh ein und weil wir schon in Tokyo waren und schon sehr lange in Japan sind erleben wir nicht mehr so schnell so viel neues. Wir haben das Pacing etwas runtergefahren um auch etwas zu entspannen 😅.